Ganz locker gesehen

Im Fall Brender, dessen künftige Position als ZDF-Chefredakteur aus mutmaßlich parteipolitischen Gründen in Frage gestellt ist, haben sich kürzlich 35 führende Verfassungsrechtler in einem offenen Brief zu Wort gemeldet, in dem sie verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine politisch motivierte Absetzung deutlich machen.

Ich denke auch, dass parteipolitische Interessen im staatstragenden und bürgerfinanzierten öffentlichen Rundfunk nichts zu suchen haben. Erschreckend ist jedoch wenn aus dem (vorgeblich ?) liberalen Lager eine solche Haltung als „heuchlerisch“ abgetan wird. So heißt es dort:

Aber welche Rundfunkfreiheit kann eigentlich gemeint sein, wenn der Staat Sender installiert, sie mit steuergleichen Zwangsgebühren finanziert und seine Parteigänger ganz offiziell in die Verwaltungsgremien entsendet?

Soll das heißen, wer zahlt macht die Musik? Und die „steuergleichen Zwangsgebühren“ zahlen immerhin die Bürger, die eben auch die Zielgruppe sind. Wenn das gemeint ist, klingt das wie wirtschaftlicher Liberalismus der übleren Sorte.

Weiter heißt es:

Haben sich die Professoren bisher jemals daran gestört, daß der BR ein tief scharzer Sender ist, während WDR und HR (und andere) tiefrot besetzt sind?

Nun, das beruhigt mich wieder etwas. Haben wir also immer schon so gemacht, darum ist es gar nicht so schlimm, wenn Herr Koch nun auch etwas Einfluss nehmen will. Vielmehr ist es brutalstmögliche Ehrlichkeit, weil die anderen es ja heimlich tun.

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3 Antworten

  1. Boche sagt:

    die “steuergleichen Zwangsgebühren” zahlen immerhin die Bürger, die eben auch die Zielgruppe sind.

    Ob sie wollen oder nicht.
    Aber „bürgerfinanziert“ ist wirklich ein netter Begriff für diese Abzocke.

  2. R.A. sagt:

    > Und die “steuergleichen Zwangsgebühren” zahlen immerhin die Bürger,
    Richtig.
    Und haben die irgendetwas zu melden bei den Staatssendern? Wohl eher nicht – aber das stört die Professoren wohl weniger.

    Die Politiker können als demokratisch Gewählte immerhin einen Hauch Legitimation vorweisen – der Rest der Machthaber im ZDF eher nicht.

    > Haben wir also immer schon so gemacht, darum ist es gar nicht so
    > schlimm, wenn Herr Koch nun auch etwas Einfluss nehmen will.
    Andersrum wird der Schuh draus: WENN man sich schon daran stört, daß die Politik die Sender kontrolliert, dann hätte man über die letzten Jahrzehnte oft genug protestieren können. Und nicht erst, wenn Koch es macht.

  3. Aerar sagt:

    Boche: Das klingt so schön harmlos und ist natürlich ein Euphemismus.

    R.A.: Die “steuergleichen Zwangsgebühren” sind im Prinzip ja nicht der falsche Ausdruck. Nur hier eben schon, wenn eine Legitimation staatliche Mittel also staatlicher Einfluss abgeleitet wird. Denn es gibt einen meines Erachtens signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen „Fernsehzuschauer“, „Gebührenzahler“, „Steuerzahler“ und „Wähler“. Doch nicht allein deshalb bleibt der Hauch ein Hauch. Den meiner Meinung nach hat der Staat, unabhängig ob „staatsfinanziert“ oder „bürgerfinanziert“ (zumal der Staat letztlich auch „bürgerfinanziert“ ist), mit dem öffentlichen Rundfunk eine Institution geschaffen, deren Rahmen er zwar setzt aber aus dessen (parteipolitischen) Inhalten er sich raushalten soll.

    „WENN man sich schon daran stört, daß die Politik die Sender kontrolliert, dann hätte man über die letzten Jahrzehnte oft genug protestieren können. Und nicht erst, wenn Koch es macht.“
    Da stimme ich komplett mit Dir überein. Nur verstehe ich Deine Schlussfolgerung nicht. In Deinem Artikel kommst Du zu dem einzigen Fazit „Heuchelei“. Zumindest kommt das bei mir so an. Das wäre auch eine denkbare Möglichkeit, auch wenn ich diese für nicht wahrscheinlich halte. Trotzdem bleibt der Punkt, dass der Widerstand in der Sache richtig ist. Auch, wenn es Versäumnisse in der Vergangenheit gabe, können diese doch nicht der Grund sein, jetzt nicht mehr einschreiten zu dürfen. Durch dein Fazit negierst du meiner Meinung nach aber diesen letzten und wie ich finde entscheidenden Punkt. Ich hatte es zudem so verstanden, dass das genau Deine Absicht gewesen ist. Nach Deinem Kommentar habe ich jetzt aber den Eindruck, dass das gar nicht Deine Absicht war.

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