Minaretten was zu retten ist
Nun haben die Schweizer also ernst gemacht und sich mit einer Mehrheit von 57% für gegen den Neubau von Minaretten ausgesprochen. Während Europas Rechte jubelt, kommen natürlich die ersten Proteste aus der islamischen Welt. Allerdings wäre es schon der erste Fehler allen Schweizern eine Abneigung gegen Fremde (oder auch nur gegen Minarette) zu unterstellen – würde man so doch die 43%, die sich gegen das Verbot ausgesprochen haben gleich doppelt bestrafen. Doch das Abstimmungsergebnis zeigt deutlich, wie sich bestimmte Bilder immer stärker in der Bevölkerung festsetzen. Nachdem die meisten westlichen Regierungen mit ihren „Anti-Terrormaßnahmen“ die eigentliche Saat der Terroristen erst mit verbreitet haben, stellen anscheinend viele Anhänger des Islam nun folgerichtig auch die europäischen Staaten und Bürger unter Generalverdacht und mischen sich zum Beispiel selber etwa in deutsche Rechtsprechung ein.
Das Minarett-Verbot ist ein Schlag ins Gesicht der islamischen Welt. Doch wer immer diesen Schlag empfängt muss sehen, wer das überhaupt ist, der dort geschlagen hat. Es sind nicht jeder Schweizer oder jeder Europäer, die fremdenfeindlich oder speziell islamfeindlich sind. So wie die Muslime keine Heerschar von Bombenbauern sind. Die gemäßigten Angehörigen beider Seiten müssen erkennen, dass es nicht ein ganzes Volk oder eine ganze Religion sind, die sich ablehnend verhalten. Sie dürfen ihre Reaktionen nicht verallgemeinern, wenn sie nicht selber einen herrschenden Konflikt verschärfen wollen.
Jedoch darf man nicht vergessen, dass grundlegend berechtigte Interessen im Spiel sind. Ein Volk oder eine Religionsgemeinschaft hat Regeln und Werte für die sie einsteht und ohne die sie nicht existieren kann, da sie sonst ihre Identität verlöre. Doch es ist ein Unterschied zwischen der Liebe zum Vertrauten und dem Hass auf das Fremde. Die Freiheit die man für sich selber fordert, muss man allerdings umgekehrt auch anderen zubilligen. Viele islamische Länder stehen umgekehrt nicht gerade in Verdacht, glühende Anhänger von Kirchtürmen im eigenen Land zu sein.
Am Ende liegt der Schlüssel zur Lösung der immer wieder auftretenden Konflikte zwischen der „westlichen Welt“ und der „islamischen Welt“ auch bei jedem einzelnen. Wer Ansprüche oder Schuldzuweisungen geltend machen will, sollte sicher stellen, dass es seine eigenen Ansprüche und Schuldzuweisungen sind und nicht vorgefertigte Meinungen von anderen übernehmen. Und letztlich, ja, auch Vorurteile sollten wenigstens die eigenen sein und kritisch hinterfragt werden.