Bundespräsident Horst Köhler tritt zurück

Vor einigen Stunden ist Bundespräsident Horst Köhler aufgrund von umstrittenen Äußerungen in einem Interview mit dem Deutschlandfunk zurückgetreten. Anstoß der Kritik war seine dortige Aussage:

„Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen“

Mit dieser Aussage berührt er den entscheidenden Punkt des Hintergrunds von militärischen Einsätzen im Ausland, denn diese sind stets auch von wirtschaftlichen Interessen beeinflusst. Dieser Interessenkonflikt wird gemeinhin jedoch ungern thematisiert. Aufgrund der Zeitpunkts des Interviews, das während der Rückreise Köhlers aus Afghanistan geführt wurde, wurde die Aussage insbesondere von der Opposition inhaltlich auf den Krieg in Afghanistan bezogen. Die nachgeschobene Erklärung des Bundespräsidentenamts, Köhler meinte eher Konflikte wie die mit den Piraten am Horn von Afrika, halte ich für nachvollziehbar.

Durch seinen Rücktritt hat Köhler auf die oft überzogene Kritik der letzten Tage deutlich überreagiert und weder der schgwarz-gelben Koalition noch seinem Land einen guten Dienst erwiesen. Gerade diejenigen, denen Köhler bei seinem Rücktritt für ihre Unterstützung und sein Vertrauen besonders gedankt hat, werden besonders enttäuscht worden sein. Guido Westerwelle und Angela Merkel beschränken sich auf kurze Erklärungen des Bedauerns, die nicht den Eindruck besonderer Betroffenheit machten. Anscheinend ist es eher der Fakt des Rücktritts als der Verlust der Person Horst Köhler, der ihnen Bauchschmerzen macht.

Auch die Reaktionen der Opposition, die schnell mit Pressekonferenzen an die Öffentlichkeit traten, sind eher von parteipolitischen Interessen geprägt als von echtem Bedauern. Die Linke machte noch einmal deutlich, dass sie schon immer die Äußerung als Anlaß für eine Diskussion um die Bedeutung von Auslandseinsätzen und als ersten Schritt zur Beendigung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan gesehen hat. Sigmar Gabriel von der SPD betonte mehrmals die mangelnde Unterstützung Köhlers seitens einer (angeschlagenen) schwarz-gelben Koalition und der Grünen-Politiker Cem Özdemir sieht darin ein Vorzeichen für das Ende von Schwarz-Gelb.

Mit Köhler tritt damit das Modell eines unbefangenen Politikers ab, der sich das Recht einer eigenen Meinung wahren wollte und sein Amt nutzen wollte, die Politik in Deutschland zu beeinflussen. Im Rahmen der aktuellen Krisen, fehlten ihm allerdings zuletzt die Worte und ein Konzept. In meinen Augen ist sein Rücktritt somit eine Summe aus Resignation aber auch gekränkter Eitelkeit. Im Nachhinein bleibt dennoch der Dank an Köhler, für die zuvor ernsthafte Ausübung seines Amts. Ändern konnte er letztlich nichts und auch einem offenen und unbefangenen Politikstil hat er keine wirkliche Bresche schlagen können.

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