I want you back for Gutt

Whatever I said
whatever I did
I didn’t mean it

(Take That)

Während Karl Theodor zu Guttenberg gestern erst von seinen Ämtern zurückgetreten ist, spekulieren viele schon über seine Rückkehr. Schließlich gibt es tatsächlich Beispiele von Politiker-Comebacks, die zum Teil schlimmere Verfehlungen begangen haben. Und man muß ja auch verzeihen können und einem Menschen, der einen Fehler begangen und bereut hat, wieder eine Chance geben.

Vergessen, Verzeihen

Das ist richtig so. Aber es ist kein Automatismus, den man einfach aussitzen kann. Das formale Zugestehen eines Fehlers ohne wirkliche Einsicht und ein reglementiertes Absitzen einer Sühnezeit sind nicht genug für eine zweite Chance. Denn im Falle zu Guttenberg ginge es nicht um eine bloße Wiedereingliederung in die Gesellschaft, wie sie einem verurteilten Straftäter nach Absitzen seiner Haftstrafe auch ohne wirkliche Reue zustünde, sondern um eine Rückkehr in die Schaltzentrale der Macht.

Der Sargnagel der Politik

Zu Guttenberg hat Moral und Anstand mit Füssen getreten, weil er anscheinend glaubte, etwas besseres zu sein. Eine solche Hybris würde sicher viele Menschen befallen, die einen derartig steilen Aufstieg durchmachen. Doch auch, wenn sich viele nach mehr Glamour oder gar nach einem starken Mann sehnen, die Politik ist der Star und nicht die Politiker. Jeder Politiker, der gewollt oder ungewollt zum Star wird, schadet letztlich der Politik und der demokratischen Gesellschaft. Das gilt erst recht für Politiker, die ihr eigenes Ansehen über reale Erfolge und ihren eigenen Vorteil über ein Minimum an Moral stellen.

Unser Star für Berlin

Die Bewunderung für zu Guttenberg ist auch ein Spiegel für die Verfehlung der anderen Politiker, die ihre parteipolitischen oder persönlichen Interessen über das Gemeinwohl stellen und die Gesellschaft immer weiter spalten. In einer solchen Situation sucht das Volk eine Lichtgestalt und das hat es früher schon getan. Man kann also nicht allein zu Guttenberg vorwerfen, von vielen als Politiker geliebt worden zu sein.

Doch je größer die Liebe, desto geringer scheint die Politikkenntnis im Volk zu sein. Eine Verehrung ohne eine Erklärung derselben durch tatsächlich Leistung aber ist höchst gefährlich. Wenn man dem Guttenberg-Volk aufs Maul schaut hört man vor allem drei Dinge:

  • „Er ist geraderaus und ehrlich“

Zu Guttenberg war tatsächlich bereit zu schnellem Handeln und hat in vielen Situationen anfangs auf politiktypisches Lavieren verzichtet. Jedoch hat er oft falsch und uninformiert gehandelt, etwa beim Angriff auf die Tanklastzüge, den er zunächst für gerechtfertigt erklärte oder beim raschen Amtsenthebung des Kapitäns der Gorch Fock. Auch ist zu Guttenberg nicht der erste, der offen das Wort „Krieg“ für die Vorgänge in Afghanistan aussprach. Das haben die meisten bereits vor ihm getan; das besondere war lediglich, dass er es als Verteidigungsminister gesagt hat. Auch das ist eine Leistung, aber eben keine richtungsweisende Heldentat.

  • „Er ist kompetent und gebildet“

Das will ich Herrn zu Guttenberg auch trotz der Plagiats-Affäre nicht absprechen, auch wenn diese deutlich die Grenzen seiner Kompetenz und Bildung aufzeigen. Doch besitzt er letztlich wohl nicht mehr und nicht weniger Kompetenz und Bildung als die meisten anderen Politiker. Sein Ansehen ist hier in meinen Augen unverhältnismäßig überhöht.

  • „Zu Guttenberg ist bürgernah und bei den Soldaten beliebt“

Auch das ist nicht schlechtes und prinzipiell eine gute Eigenschaft. Jedoch stellt sich die Frage, wie sich Bürgernähe und Beliebtheit bemessen. Häufige und medienwirksame Besuche von Bürgern und Soldaten allein sind eher eine Selbstinzenierung als wirkliche Nähe und Verbundenheit

Ins rechte Licht gesetzt

Zum Abschluß möchte ich auch noch etwas zu der Bedeutung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe sagen, die von vielen als Kavaliersdelikt dargestellt werden. Denn schließlich haben wir doch alle in der Schule schon einmal abgeschrieben.

Ein Vorwurf lautet, zu Guttenberg habe seine Doktorarbeit bewußt durch „Abschreiben“ und auch durch das Ausnutzen von Beziehungen erschummelt. Sollte dieser Vorwurf sich bewahrheiten, ist das kein Kavaliersdelikt, denn zu Guttenberg ist eben kein dummer und unreifer Schüler mehr, sondern ein erwachsener Mann mit hoher Verantwortung, der für sich selbst in Anspruch nimmt, dass er weiß, was er tut.

Auch war das Anstreben der Doktorarbeit eine bewußte und freiwillige Entscheidung und ist nicht mit der Schulpflicht zu vergleichen, die einem Klassenarbeiten aufzwingt. Er hat sich dafür entschieden, weil der Vorteil eines Doktortitels so groß ist. Ein Doktortitel verleiht zusätzliche Reputation und Ansehen und oftmals ist er Vorraussetzung für eine erfolgreiche berufliche Karriere. Der Wert eines solchen Titels ist schwer zu berechnen, doch wenn man bedenkt, dass er im Normalfall jahre Arbeit erfordert und am Ende hohe berufliche Positionen ermöglicht, liegt er eher bei 100000 Euro als bei 1000 Euro.

Fazit

Ich halte Karl Theodor zu Guttenberg nicht per se für einen schlechten Menschen. Dazu kenne ich ihn auch zu wenig und das ist tatsächlich auch ein Problem. Er hat nicht zuletzt durch einige Medien ein Bild von sich aufgebaut, das verdeckt, für was er wirklich steht. Dahinter steht für mich vage „etwas mit Konservativen Werten“. Wenn diese in die gleiche Richtung gehen, wie bei seiner Ehefrau, dann habe ich Angst vor diesen Werten. Und auch vor dem Missbrauch der vordergründig genannten Werte.

Doch letztlich kann man zu Guttenberg nicht für das verurteilen, was er mutmaßlich getan hat oder tun wird. Aber man kann ihn im Auge behalten und danach beurteilen, was er tut und nicht hochloben für das was er zu sein scheint. Zu Guttenberg wird wiederkommen – sofern er selbst es will. Die peinlichen Äußerungen von Angela Merkel und Horst Seehofer haben gezeigt, das politisches Kalkül vor Moral und Glaubwürdigkeit kommt.

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