Rekritik: Recht auf Eigentum

Manchmal finde ich im Internet Artikel, bei denen ich versucht bin, einen Kommentar zu schreiben, aber bald merke, dass die Antwort möglicherweise zu lang werden könnte und vielleicht eher einen eigenen Artikel rechtfertigt. Dieses will ich bei Bedarf unter der Überschrift “Rekritik” tun.

Eigentlich habe ich in Erinnerung, dass ich die meisten Beiträge vom Filterblog prinzipiell als vernünftig ansehe, wenn auch nicht immer notwendig teile. Doch dessen „Kurzer Gedankengang zum Recht auf Eigentum (Link nicht mehr gefunden)“ ist wahrlich etwas kurz geraten.

Indem er das Eigentumsrecht als besonders wichtige Voraussetzung für wirtschaftliche Teilhabe und als Mittel zur Ausübung der Meinungsfreiheit hervorhebt, tut er zwei Dinge. Zum einen berücksichtigt er nicht die Verzahnung der einzelnen Rechte, von denen eines oft von anderen Rechten abhängt, so dass man sie nicht einzeln betrachten kann. Dann etwa die Rechte auf Freiheit und körperliche Unversehrtheit haben letztlich den gleichen Wert für Meinungsfreiheit und wirtschaftliche Teilhabe. Eigentumsrecht ist also nur ein Beitrag von vielen und nicht das Wichtigste und nicht das meist unterschätzte.

Allerdings, und das vermutlich konträr zur seiner eigentlichen Absicht, legt es nahe, dass mangelndes Eigentum wirtschaftliche Teilhabe und die Ausübung der Meinungsfreiheit erschwert. Eine Beobachtung, die in der Praxis leider richtig ist.

Insofern ist das Recht auf Eigentum eine schöne Sache, die ich befürworte und auch Reichtum an sich halte ich für nichts prinzipiell Schlechtes, was man neiden sollte. Dennoch verpflichtet Reichtum, denn der Bürgerstaat läßt sich eben am einfachsten materiell finanzieren und nicht etwa durch Abgabe von Meinungsfreiheit oder Gesundheit bezahlen.

Die eigentliche Aussage, die getroffen werden sollte, war hingegen vermutlich, dass nicht reflexartig Reichtum besteuert werden sollte und (implizit), dass mit Steuergeldern sparsam und verantwortlich umgegangen werden sollte. Beides wäre in meinen Augen richtig, wobei meiner Meinung nach letztlich eben doch Reichtum besteuert werden muss, weil man Armut nicht besteuern kann.

Diese Zeilen habe ich übrigens lediglich schnell hingeworfen, wie ich dem Filterblog zugutehalte, dass der Artikel dort auch nicht nach einem langen Gedankenprozeß entstanden ist. Insofern wird es bestimmt Ansätze zur Gegen-Rekritik geben…

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4 Antworten

  1. Andreas sagt:

    „Dann etwa die Rechte auf Freiheit und körperliche Unversehrtheit haben letztlich den gleichen Wert für Meinungsfreiheit und wirtschaftliche Teilhabe“

    Hiermit springst Du meines Erachtens etwas zu kurz: Diese Rechte sind meines Erachtens abgeleitete Rechte aus dem Recht auf Eigentum – welches natürlich das Eigentum an sich selbst einschließt und notwendig voraussetzt.

    Die von Dir angeführte Differenzierung finde ich insofern unangebracht.

  2. Aerar sagt:

    Hmm, naja. Ich finde, die Differenzierung macht schon einen Sinn, denn deiner Argumentation konsequent folgend, machen alle Rechte, die man hat, können letztlich nur sinnvoll wahrgenommen werden, wenn man lebendig ist (bis aus das auslaufende Recht an der eigenen Leiche und vielleicht einige Urheberrechte). Damit beruht am Ende alles auf Eigentum.

    Zudem wären Freiheits- und Unversehrtheitsansprüche sowie eine Meinungsfreiheit doch auch denkbar, wenn man sich selbst nicht besitzen würde oder wenn es gar kein Eigentum überhaupt gäbe. Aber irgendwie begeben wir uns da wohl beide in Haarspaltereien,oder? Ich denke, der Artikel im Filterblog war aber schon auf der pragmatischen Ebene gemeint.

  3. Jan sagt:

    Es ging mir in dem Artikel weniger um eine juristische Betrachtung, sondern eigentlich im Kern darum, welchen Stellenwert das Recht auf Eigentum in der Gesellschaft eigentlich hat. Über alles andere, was Du geschrieben hast, kann und sollte man ja gern nachdenken und auch diskutieren aber ich wollte mich tatsächlich erstmal nur auf die Feststellung beschränken, dass das Recht auf Eigentum meiner Meinung nach zu unrecht einen niedrigen Stellenwert hat.

  4. Aerar sagt:

    Das Recht auf Eigentum ist unterschätzt, weil es selbstverständlich geworden ist. Doch das gilt auch für die meisten anderen Grundrechte. Das Recht auf Eigentum ist auch in meinen Augen ein Wichtiges. Aber viel eher zum Beispiel für die materielle Selbstverwirklichung als gerade für die Meinungsfreiheit.

    Sicherlich gibt es da Querverbindungen doch der Bezug ist für mich etwas konstruiert. Insgesamt fügen sich diese Aspekte aber zu einem großen Ganzen und die Freiheit, wie wir sie kennen, wird in Schieflage geraten oder ganz in sich zusammenstürzen, wenn man da einen Aspekt entfernt. Der juristische Aspekt war daher auch nicht der, den ich aufgreifen wollte.

    Das Recht auf Eigentum ist, da hast Du recht, gesellschaftlich ein zweischneidiges Thema. Denn es hat zwei Ebenen. Auf der Basisebene sorgt es dafür, dass die meisten Menschen Essen, Bett und die anderen Lebensnotwendigkeiten haben. Dazu schätzt man das Recht am eigenen Fernseher, Computer oder am Foto seiner Kinder, und dass niemand einem diese Dinge einfach wegnehmen darf. Dass man mit diesen Dingen (weitgehend) verfahren kann, wie man will und Kontrolle über ihre Verfügbarkeit hat, sind Annehmlichkeiten, die wohl die wenigsten Menschen aufgeben wollen. Und die von den Menschen vergessen wird, die da proklamieren, dass Eigentum Diebstahl sei.

    Doch, wenn man gesellschaftlich von Eigentum redet, meint man meist darüber hinaus gehenden Reichtum und dessen Verteilung und kommt so in eine Neid- und Gerechtigkeitsdebatte, die bei dir im zweiten Teil anklingt. Auch hier finde ich deine Aussage unglücklich vermischt, denn letztlich kommt du, so wie ich es verstehe, über das Bindeglied Eigentum von Meinungsfreiheit zur Steuerverteilung.

    Den Bezug von Eigentum zu Meinungsfreiheit, sehe ich aber weniger auf der Basisebene, wo jeder, der ernsthaft will, einen Computer besitzen kann, sondern auf der Ebene von Reichtum, Bildung und guten Verbindungen, die für besonders gute Möglichkeiten der Meinungsfreiheit sorgen. Und ich glaube, dass faktisch schon im Großen und Ganzen eine wirtschaftlich potente Minderheit die Meinungsführerschaft innehat und das gesellschaftliche Leben bestimmt. Ich fürchte aber, hier werden wir nur in Ansätzen einer Meinung sein.

    Auf deine Zustimmung hoffe ich jedoch, wenn ich mich auf den Standpunkt stelle, dass das Reichtum nicht insoweit verpflichtet, als dass man beliebige Wohltaten für andere und sinnlose staatliche Verschwendung finanzieren müsste.

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