Gleichberechtigung

Das Thema Gleichberechtigung ist naturgemäß ein schwieriges Thema, insbesondere dann, wenn man selbst nicht von einem Handicap betroffen ist. Doch im Rahmen der Olympischen Spiele in London habe ich mir die Frage erneut gestellt beim Lauf des 400m-Läufers Oscar Pistorius, dessen Unterschenkel beide amputiert sind und der darum auf speziellen angeschnallten Carbonschienen läuft. Dabei ist Pistorius so gut, dass er seinen Qualifikationslauf als Zweiter mit einer guten Zeit absolvieren konnte und so das Halbfinale erreichte. Die offensichtliche Frage dabei ist natürlich, ob es wirklich allein der Läufer ist, der so gut ist oder ob ihm die Beinschienen einen entscheidenden technischen Vorteil verschafft haben.

Diese Frage wird sich nicht leicht beantworten lassen, da sich ein solcher Vorteil eben nur näherungsweise berechnen läßt. Man weiß eben nicht, wie schnell ein fiktiver nicht behinderter Oscar Pistorius gelaufen wäre. Sicher ist jedoch, dass man die Beinschienen technisch soweit verbessern (oder auch verschlechtern) könnte, dass Pistorius Zeit davon beeinflusst werden würde. Da sich ein Nachweis nicht erbringen lassen wird, werden die Leistungen des Athleten innerhalb des „normalen“ Wettbewerbs immer mit einem gewissen Zweifel behaftet sein. Zudem bezweifele ich, dass ein nicht behinderter Sportler die Erlaubnis erhielte, ebenfalls mit Carbonschienen an den Start zu gehen. Aus diesem Grund halte ich die Teilnahmeerlaubnis von Pistorius für falsch.

Letztendlich ist die Behinderung des Läufers ein Faktum, dass sich nicht durch eine Sonderregel ausgleichen läßt. Meiner Meinung nach gibt es nämlich kein Recht eines Menschen, seine beruflichen und sportlichen Wünsche in jedem Fall erfüllt zu bekommen. Polemisch gesagt verlange ich selbst ja auch nicht, mit einem Segway-Elektroroller am 400m-Lauf teilnehmen zu dürfen mit der Begründung, dass ich, durch meine Anatomie benachteiligt, ansonsten keine faire Chance hätte. Ebensowenig wie Spitzensportler könnte ich vermutlich ein guter Bergmann werden und für einen UBootfahrer oder Verkehrspiloten bin ich ebenso nicht geeignet.

Ich bin sehr wohl dafür, Menschen mit Behinderungen oder sonstigen Einschränkungen ein möglichst adäquates Berufs- und Sozialleben zu ermöglichen. Rollstuhlrampen und behindertengerechte Umgebungen sind zwar teuerer, aber die Zusatzkosten sind es auf jeden Fall wert, um Menschen mit Behinderung den Zugang zu einem möglichst normalen Leben zu ermöglichen. Es ist schlecht, wenn ein Buchhalter, seine Arbeit nicht machen könnte oder kein Theater besuchen könnte, nur weil er an den Rollstuhl gefesselt ist und gar nicht erst zu den entsprechenden Orten gelangen kann. Jedoch macht es in meinen Augen keinen Sinn, solche Behinderungen auszugleichen, die für eine Tätigkeit qualifizierende Vorraussetzung sind. Blinde Busfahrer, gehbehinderte Läufer und selbst lispelnde Nachrichtensprecher sind in meinen Augen ein falsch verstandener Versuch, Gleichberechtigung zu erreichen.

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