Parteienumfrage: Antwort der Partei DIE LINKE
Weitere Artikel zur Parteienumfrage:
Einleitung
Text der Anfrage
Antwort der Bergpartei, die „Überpartei“
Antwort der Nein!-Idee
Antwort der FDP
Antwort der RENTNER Partei Deutschland
Antwort der Partei DIE LINKE (dieser Artikel)
Antwort der Partei der Vernunft (PDV)
Antwort der Piratenpartei
Antwort der Partei für Soziale Gleichheit
Antwort des Bund für Gesamtdeutschland (BGD)
Antwort der CDU
Die Umfrage-Versager
Fazit
Die Umfrage:
In Anbetracht der Bundestagswahl am 22.September 2013 habe ich den Parteien, die dabei antreten, einige Fragen zu Themen geschickt, die meiner Meinung nach wichtige politische Fragen berühren. Mehr zum Hintergrund dieser Umfrage finden Sie hier.
Die Antworten:
Die folgenden Antworten zu diesen Fragen habe ich von der Partei DIE LINKE erhalten:
Frage 1: Welche Vision haben Sie langfristig vom Idealzustand der Zusammenarbeit oder der Vereinigung der europäischen Staaten und welche Staaten umfasst diese Vision?
Aufgrund der gegenwärtigen politischen Konstellationen sieht DIE LINKE keine Chance zur Verwirklichung der Vorstellung von „Vereinigten Staaten von Europa“ und steht dieser Vorstellung skeptisch gegenüber. Die katastrophale Politik der Regierenden in der EU, insbesondere der deutschen Bundesregierung, sowie der EU-Kommission und der Troika zerstören derzeit die EU und treiben eine Spaltung zwischen einem starken „Zentrum“ und einer zum Absatzmarkt degradierten „Peripherie“ voran. Durch die jüngsten Planungen für den Abschluss von bilateralen Verträgen zwischen den Euroländern und der EU-Kommission werden diese desintegrativen Entwicklungen weiter forciert. Dies weist DIE LINKE entschieden zurück. Stattdessen tritt DIE LINKE für eine vollständige Revision der EU-Verträge ein, um einen Neustart der Europäischen Union als eine friedliche, demokratische, soziale, ökologische und solidarische Union zu ermöglichen. Die Vision von den Vereinigten Staaten von Europa kann aufgrund der herrschenden Politik in den nächsten Jahrzehnten nicht verwirklicht werden. Daher will DIE LINKE mithelfen, die nationalistischen und ausgrenzenden Tendenzen innerhalb der EU zu bekämpfen, um für internationale Solidarität zu werben.
Alle europäischen Staaten, für die eine Beitrittsperspektive eröffnet wurde oder die die EU-Mitgliedschaft beantragen, müssen in die EU-aufgenommen werden, sobald sie die sog. Kopenhagener Kriterien erfüllen und wenn die jeweilige Bevölkerung dies will. Durch die Erfüllung der politischen Kriterien im Rahmen des Beitrittsprozesses besteht die Chance für eine Demokratisierung der Beitrittskandidaten. Gleichwohl kann der neoliberale Charakter der wirtschaftlichen Seite der Kopenhagener Kriterien nicht ignoriert werden, die auch Teil des Problems einer neoliberalen EU-Erweiterungsstrategie sind. Die neoliberale Agenda der EU verschärft die soziale Situation in den beitrittswilligen Ländern Südosteuropas und muss deshalb abgeschafft werden. Stattdessen müssen wirtschafts- und finanzpolitische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den sozialen Zusammenhalt in der EU stärken und den Aufholprozess wirtschaftlich schwächerer Länder ermöglichen. Dann würde auch die Aufnahmefähigkeit der EU nicht überstrapaziert werden. Es wäre wünschenswert, die weitere Erweiterung der EU, die solidarisch und fair auszugestalten ist, mit der Forderung nach einem Neustart der EU als demokratisches und soziales Projekt zu verbinden. Ein Neustart der EU in dieser Richtung wäre im Interesse sowohl der Bevölkerung der EU-Mitgliedstaaten als auch der Beitrittsländer.
Frage 2: Welche Schritte der Bundesrepublik Deutschland halten Sie für die Lösung der akuten Probleme in Europa in den nächsten vier Jahren für zwingend erforderlich und welchen finanziellen Beitrag und welche Zugeständnisse sollte sie dabei direkt oder indirekt im Maximalfall leisten?
Kurzfristig müssen die wirtschafts- und sozialpolitisch desaströsen Kürzungsvorgaben für die „Krisenländer“ gestoppt werden, denn sie verhindern eine wirtschaftliche Erholung. DIE LINKE lehnt die Euro-Rettungsschirme auch deshalb ab, weil diese den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern die Risiken und Kosten der Bankenrettung aufbürden, die Verursacher und Profiteure der Krise hingegen verschonen: allein die Haftungssumme Deutschlands beträgt über 310 Mrd. Euro, für die im Fall von Staatspleiten und/oder Schuldenschnitten letztlich die Bevölkerung aufkommen muss. Daher fordert DIE LINKE wirksame wachstumsfördernde Maßnahmen zur Krisenüberwindung und die Beteiligung des Banken- und Finanzsektors an den Kosten: Dies beinhaltet das Auflegen eines umfassenden öffentlichen Investitionsprogramms für die gesamte EU, mit dem – v.a. in den Krisenstaaten – die Wirtschaft angekurbelt und zukunftsorientierte Investitionen ermöglicht werden. Das Programm soll über eine europaweite Bankenabgabe sowie eine Vermögensabgabe für höchste Einkommen finanziert werden, denn den Staatsschulden stehen immense private Vermögenswerte gegenüber. Allein das Vermögen der europäischen Millionäre übertrifft mit etwa 14 Billionen Euro die Staatsverschuldung der EU-Staaten, die bei 11 Billionen Euro liegt.
Zur dauerhaften Überwindung der Krise fordert DIE LINKE eine enge wirtschaftspolitische Koordinierung in Eurozone und EU, die sich eine stärker binnenmarktorientierte, sozial und ökologisch nachhaltige Wirtschaft zum Ziel nimmt: Steuer-, Beschäftigungs- und Sozialpolitiken in EU und Eurozone müssen enger aufeinander abgestimmt werden, um das auch wirtschaftlich schädliche heutige Steuer-, Lohn- und Sozialdumping zu beenden. Last but not least will DIE LINKE eine strikte Regulierung des Banken- und Finanzsektors durchsetzen: Schädliche Spekulationsinstrumente müssen verboten, Großbanken zerschlagen und in die öffentliche Hand überführt werden. In dem Zusammenhang muss auch die EZB grundlegend reformiert und demokratisiert sowie ihr Statut so verändert werden, dass eine direkte Staatsfinanzierung möglich wird.
Nötig ist auch ein Umsteuern der deutschen Politik, u.a. um die starke Exportorientierung der Wirtschaft zu korrigieren: DIE LINKE fordert die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, um die Binnennachfrage zu erhöhen. Dies trüge auch zur Abmilderung der Leistungsbilanzunterschiede in EU und Eurozone bei.
Frage 3: Wie schätzen Sie das Problem einer sogenannten „Politikverdrossenheit“ in Deutschland ein und welches sind Ihrer Meinung nach die Ursachen dafür?
Politikverdrossenheit“ ist in vielen Fällen der falsche Begriff. Die Menschen sind nicht verdrossen gegenüber politischen Fragen sondern gegenüber dem Politikbetrieb wie sie ihn kennen. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass die Menschen (zu Recht) immer weniger den Eindruck haben, dass ihre Probleme und Anliegen im Zentrum der Politik stehen. Bankenrettung und der Umgang mit der Finanzkrise sind Beispiele für eine solche, von den Menschen abgelehnte Politik. DIE LINKE nimmt die Erwartungen und Sorgen der Menschen ernst. Wir sind nicht den Interessen der großen Konzern und Banken verpflichtet und scheuen uns nicht, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger gegen die Macht und den Einfluss des großen Geldes zu vertreten. Das ist aus Sicht der LINKEN das beste Mittel gegen „Politikverdrossenheit“.
Frage 4: Haben Sie konkrete Maßnahmen geplant, die Bürokratieabbau oder die Vereinfachung von Gesetzen zum Ziel haben und welche sind dies gegebenenfalls?
Der größte Beitrag der Fraktion DIE LINKE. zum Bürokratieabbau ist die konsequente Kritik an den Großprojekten der Regierung, die mit dem Versprechen auf Bürokratieabbau beginnen und im finanziellen Desaster oder als bürokratische Monster enden. Um nur die drei größten zu nennen: ELENA, der elektronische Einkommensnachweis, eine eigentlich sinnvolle Idee, die sich wegen technischer Überdimensionierung und datenschutzrechtlichem Minimalismus mit Millionenverlusten als unrealisierbar erwiesen hat. Die Gesundheitskarte, von der heute nur ein winziger Teil ihrer angekündigten Nutzen zu Verfügung stehen, deren Durchsetzung die Krankenkassen nur mit großem Druck auf ihre Mitglieder ganz langsam durchsetzen kann. Und schließlich der neue Personalausweis und Pass, auch seine Funktionen sind nur zum Teil nutzbar und nur eine Minderheit von Bürgerinnen und Bürgern will sie überhaupt nutzen. Ein wesentliches Element – die qualifizierte elektronische Signatur – aller drei Großprojekte ist gescheitert. Das wiederum hat die Bundesregierung gezwungen im Bereich eGovernment datenschutzrechtliche Standards abzusenken, um wenigstens auf dem Papier bürokratiemindernde Effekte behaupten zu können.
DIE LINKE unterstützt weiterhin die von DGB und Datenschützern immer wieder erhobenen Forderungen, die Belastung kleiner Unternehmen durch staatliche Meldepflichten zu reduzieren und trotzdem verbindliche und effiziente für sie zu entwickeln. Allzu oft wird Bürokratieabbau mit Kostensenkung und Deregulierung durch Entlastung von arbeitsvertraglichen und sozialrechtlichen Bestimmungen und Sicherungen gleichgesetzt – dass auf der anderen Seite bürokratische Monster geschaffen werden, dafür ist Hartz IV ein nicht zu übersehendes Beispiel, das bis heute weite Teile der Sozialgerichtsbarkeit lahmlegt.
Frage 5: Wo liegt Ihrer Meinung nach die richtige Balance von Maßnahmen im Spannungsfeld zwischen Datenschutz und bürgerlicher Freiheit einerseits und dem Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus andererseits? Bitte nennen Sie dabei auch konkrete Maßnahmen, die Sie für erforderlich halten bzw. die Sie ablehnen.
Öffentliche Sicherheit wird hergestellt indem Bürgerrechte eingehalten und die Sicherheitsbehörden in die Lage versetzt werden, Kriminalität im Alltag zu verfolgen. Das bedeutet: Stopp der Privatisierung von Sicherheit, Schluss mit vollkommen überdimensionierten Überwachungsgesetzen und dem Generalverdacht gegen alle, die telefonieren oder übers Internet kommunizieren (Stichwort: Vorratsdatenspeicherung), die in ein Flugzeug steigen (Stichwort: Fluggastdatenerfassung), oder einkaufen (Stichwort: Videoüberwachung). Wir müssen uns konzentrieren auf gut ausgestattete, bürgernahe Polizeien, die bürgerrechtlich geschult und gut ausgebildet sind. Gutem und ausreichendem Personal muss der Vorzug gegeben werden gegenüber unausgereiften, teuren technischen Projekten wie Körperscannern. Und es gilt immer noch der Grundsatz, dass eine Politik, die auch die sozialen Ursachen und Folgen von Kriminalität präventiv angeht, ein entscheidender Beitrag zur Sicherheit und zum Sicherheitsgefühl bleibt.
Frage 6: Welche (maximal drei) Themen sind die Hauptanliegen Ihrer Partei und wie wollen Sie diese gestalten?
Soziale Gerechtigkeit ist das Programm der LINKEN. Wir wollen Armut beseitigen und Reichtum umverteilen. Soziale Grundrechte, gute Arbeit für alle und gute Bildung. Wir wollen die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten und für künftige Generationen wieder verbessern. Wir wollen das öffentliche gemeinsame Eigentum stärken und die öffentliche Daseinsvorsorge ausbauen und verbessern. Wir haben eine Vision, wie wir den ökologischen Umbau sozial gerecht gestalten wollen.
DIE LINKE ist die Friedenspartei. Wir haben als einzige Fraktion und Partei im Bundestag den Auslandseinsätzen der Bundeswehr nicht zugestimmt und werden es auch in Zukunft nicht tun. Die deutschen Truppen müssen aus Afghanistan sofort abgezogen werden.
Die Verantwortung von Deutschland geht noch weiter: Waffenexporte und die Produktion von Rüstungsgütern in der Bundesrepublik müssen verboten werden. Waffenexporte, auch im Rahmen der Europäischen Union und innerhalb des Militärbündnisses NATO, lehnt DIE LINKE ab.DIE LINKE ist die sozialistische Bürgerrechtspartei. Der Einschränkung und dem Abbau von Grund- und Bürgerrechten haben wir konsequent widersprochen. Jede andere im Bundestag vertretene Partei hat bislang erhebliche Eingriffe in die Bürger- und Menschenrechte vorgenommen, die, wenn überhaupt, nur durch das Bundesverfassungsgericht wieder rückgängig gemacht werden konnten. Wir wenden uns auch zukünftig gegen den Eingriff in Bürger- und Menschenrechte, denn deren Bestand gehört für uns zu den elementaren Bestandteilen einer gerechten Gesellschaft.