Das Recht der Griechen
Ich bin kein Experte in Staatsrecht und insbesondere die Übernahme der Verantwortung der Schuld des „Dritten Reichs“ durch die heutige Bundesrepublik ist ein Thema, das ich rechtlich kaum durchschaue. Allerdings denke ich, dass zumindest die moralische Pflicht zur Übernahme dieser Schuld vorhanden ist. Hier stellt sich jedoch grundsätzlich die Frage, wie sich die Schuld des „Dritten Reichs“ überhaupt (materiell) aufrechnen lässt und ob die Bundesrepublik dann überhaupt in der Lage ist, die Gesamtschuld aller begangenen Verbrechen zu bezahlen. Insofern könnte die Verweigerung der Bundesregierung auf die Reparationsforderungen der griechischen Regierung einzugehen, eventuell den Grund haben, einen Präzedenzfall zu vermeiden. Falls es so wäre, könnte der Bundesrepublik durch unbeglichene Nazi-Altlasten eine Situation drohen, gegen die sich die aktuelle wirtschaftliche Lage Griechenlands vermutlich paradisisch anmutet.
Doch ungeachtet meiner obigen Betrachtung scheint die Lage in Wahrheit nicht so kompliziert und aussichtslos zu sein, sondern im Wesentlichen auf zwei Fälle beschränkt: das Massaker der Wehrmacht in Distomo und eine nie zurückbezahlte Zwangsanleihe von Griechenland. Für die Entschädigung des Massakers, mit 28 Millionen Euro für 218 ermordete Menschen erschreckend günstig, gibt es anscheinend keine rechtliche Zahlungsverpflichtung. Ich weiß zwar nicht, was in solchen Fällen „üblich“ ist, aber eine freiwillige Einigung mit den Opfern und Hinterbliebenen dieses und anderer Massaker stünde Deutschland gut zu Gesicht. Gleiches gilt prinzipiell auch für den Zwangskredit, dessen heutiger Wert sich auf etwa 10 Milliarden Euro bemisst. Hier kommt hinzu, dass diese Forderung wohlmöglich auch rechtlich durchsetzbar wäre.
Die Lösung beider Fragen sollte von der Bundesregierung nicht auf die lange Bank geschoben werden. Auch wenn das Wiederaufdentischbringen der Forderungen durch die aktuelle griechische Regierung im Mantel einer Erpressung daherkommt, heißt das nicht automatisch, dass die Forderungen unberechtigt sind. Das Aufarbeiten der Vorwürfe also auch nicht wirklich das Einknicken vor einer Drohkulisse, sondern sachlich erforderlich. Zumal der der Zeitpunkt für die Bundesregierung kaum günstiger sein könnte, wenn sie die Zahlung mit den ausstehenden Forderungen an Griechenland verrechnet, also letztlich mit Geld bezahlt, dass sie ohnehin sehr wahrscheinlich nicht mehr wieder sehen wird.