Schweigepflicht ausweiten
Es war nur eine Frage der Zeit bis ein Ereignis wie der Absturz des Germanwings-Flugzeugs zu Rufen nach mehr Überwachung führen würde. Da es in diesem Fall ein deutscher Pilot ohne erkennbare extremistische Absichten für das Ereignis verantwortlich war, konzentriert sich die Forderung diesmal auf den mutmaßlich labilen Gesundheitszustand des fraglichen Piloten. Hier wurden Hinweise präsentiert, die auf eine depressive Störung hinweisen, die für den Amokflug ursächlich gewesen sein könnte.
Nach der gebotenen Schweigepflicht einer Trauerphase fordert nun angeblich ein Herr Fischer von der CDU eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht für Piloten und andere sensible Berufsgruppen und dass diese „zu Ärzten gehen, die vom Arbeitgeber vorgegeben werden“. Falls er damit gemeint hat, dass sich die Arbeitgeber durch eigene Untersuchungen von der Tauglichkeit der sensiblen Mitarbeiter überzeugen können müssen, so hat er Recht. Allerdings gibt es solche Untersuchungen bereits, die sich üblicherweise je nach Berufsstand „Tauglichkeitsuntersuchung“ oder „Medizinischer Check“ nennen. Hier ist die Schweigepflicht des Arztes in gegenseitiger Übereinkunft gelockert
Die Forderung dass Betroffene jedoch ausschließlich zu Ärzten gehen, die im Zweifelsfall an den Arbeitgeber berichten, wäre dagegen gefährlicher Unsinn. Allzuviele wären da geneigt, lieber den vorsorglichen und auch den unbedingt nötigen Arztbesuch lieber ganz zu unterlassen oder zumindest dem Arzt nicht alles zu erzählen, was dieser für seine Arbeit braucht, aus Angst andernfalls unvorsichtigerweise ihre Karriere zu beenden.
Die Schweigepflicht ist jedoch den Überwachungsbefürwortern ein besonders großer Dorn im Auge, der ihre Begehrlichkeiten weckt. Schließlich ist da jemand, der alle Informationen hat, die sie selbst so gerne hätten. Aber diese Art Aufhebung der Schweigepflicht durch die Hintertür, die später auch bei weniger sensiblen Berufen nicht Halt machen wird, ist in etwa so sinnvoll wie die Forderung, dass Mafiabosse nur noch bei Priestern beichten dürfen, die direkt mit der Polizei in Kontakt stehen.
Falls es das war, was Herr Fischer meinte, dann wäre es langsam an der Zeit über die Schweigepflicht von Politikern nachzudenken – man sollte diese ausweiten.