Urheberrecht: Stellung von Kunst und Gesellschaft

Einleitung

Die Frage nach dem Urheberrecht stellt indirekt auch die Frage nach der Art, wie die Gesellschaft mit Kunst umgeht, was sie wert ist und wer überhaupt Kunst schaffen sollte. Und es stellt die Frage nach Verhaltensweisen und auch die Systemfrage nach Eigentum und Gemeinschaftsgütern.

Der Wert der Kunst

Die Frage nach dem Wert der Kunst ist so leicht nicht zu beantworten, denn Kunst ist ein Milliarden-Euro-Markt, der vordergründig nur dazu dient, Zeit zu vertreiben und ansonsten überflüssig, austauschbar und unproduktiv zu sein. Doch diese Ansicht geht aus zwei Gründen nicht weit genug. Zum einen, aus rein technokratischer Sicht, geht es ja nicht nur um unproduktive Kunst, sondern auch um Informationen, die Newsportale oder wissenschaftliche Autoren liefern und es wird sich keine konsequente Urheberrechtsdiskussion führen lassen, wenn man nicht auch die ähnlich gelagerte Frage des Patentschutzes betrachtet.

Zum anderen erscheint auch der bloße Zeitvertreib eine notwendige Sache, denn ansonsten würden nicht beinahe alle Menschen ihr Geld für Musik, Fussballspiele, Bücher, Kinobesuche oder auch nur Zynga-Spielchen ausgeben. Zeitvertreib ist ein notwendiger Ausgleich, ohne den die Menschen und die Gesellschaft vermutlich nicht gesund existieren könnten. Darüber hinaus geht von diesem unterhaltenden Zeitvertreib eben auch intellektueller und kultureller Nutzen aus und Kunst hilft bei der persönlichen Menschwerdung und sorgt für Integration.

Einen Wert für die Kunst festzulegen ist eine Meinungsfrage, die sich nicht allgemeingültig beantworten läßt. Sie ist eine Frage, die sich in jedem Einzelfall stellt. Viele Dinge sind sinnvoll, doch lassen sich nicht immer alle auch bezahlen.

Immaterielle Güter

Kunst hat das Problem, zumeist immateriell zu sein. Sie läßt sich oft problemlos kopieren und der Verkaufspreis für das Produkt hat oft scheinbar keinen materiellen Gegenwert. Doch dabei wird übersehen, dass nicht in erster Linie das Trägermaterial Buch, CD oder gar mp3-File verkauft werden sollen, sondern die Inhalte, die in ihnen enthalten sind. Deren Erstellung kostet Zeit und Produktionsmittel, die einen reellen Gegenwert haben und die über den Verkauf der einzelnen Werke gedeckt werden sollen.

Kunst hat das Problem, austauschbar zu scheinen. Es gibt Millionen von Büchern und Musikstücken und es scheint nicht schwer, auf einzelne davon zu verzichten und stattdessen auf andere Werke zurückzugreifen. Doch selbst wenn diese Argumentation im Einzelfall funktionieren sollte, läßt sie sich nicht beliebige fortsetzen. Und schon der Einzelfall würde viele betreffen, wenn man etwa mal ein Fussball-WM-Finale nicht gespielt wird, eine Lieblingsband sich auflöst oder Harry Potter und Vampirgeschichten einfach aufhören. Sicher sind das keine Fragen von Leben und Tod, aber Fragen von fehlender Erkenntnis und fehlenden Glücksmomenten.

Der Umgang mit Künstlern

Der Umgang mit Künstlern innerhalb der Gesellschaft ist zumeist schizophren, da sie unterschiedliche Künstlerbilder miteinander vermischt. Zum einen gibt es die erfolgreichen Künstler, die von vielen vergöttert werden. Die man als Meinungsführer erkürt und dann Oliver Pocher und Johannes B. Kerner bei „hart aber fair“als Experten einlädt, um über Gewalt von Fussballstadien zu diskutieren, weil sie auch mal in einem Fussballstadion waren. Sicherlich denkt man: die verdienen im Einzelfall etwas viel, diese Musikstars und Fussballprofis, da könnte man doch auch etwas weniger zahlen. Jedoch leisten die ja auch etwas und letztlich verkörpern sie, wie die zahlreichen Talentshows zeigen, ja einen gewissen „American Dream“.

Dann gibt es die zahlreichen Amateure, die ihre Arbeit ohne finanzielle Ambitionen ausüben. Auf jeden Fall sind sie scheinbar alle Altruisten, vielleicht auch nur von einem gewissen Geltungsdrang getrieben, die nicht weiter schaden. Im Gegenteil: es ist schön das sie da sind, denn ich kann ihre Werke nutzen oder einfach ignorieren so gut es geht. Dazwischen gibt es Urheber, die weitgehend unbekannt sind, aber trotzdem für ihre Werke Geld haben wollen.

Allen drei Gruppen gemeinsam ist, dass sie Werke herausragender Qualität schaffen können oder auch den allergrößten Mist, wobei diese Bewertung jeder individuell vornehmen muss. Was jedoch allen gemeinsam ist, ist dass Kunst machen etwas tolles ist. Man kann sein Mitteilungsbedürfnis befriedigen, sitzt ein bisschen mit seiner Gitarre und komponiert ein Lied oder sitzt mit einem Cappucino auf der Sonnenterasse und schreibt ein bisschen Roman. Und wenn das gut ist, gibt es hinterher ja auch auch Applaus, nur bitte, warum sollte ich denn jemanden sein Hobby finanzieren? Diese Frage ist zunächst berechtigt, denn niemand zahlt einen Hausbesitzer für seinen schön gepflegten Vorgarten.

Leider ist künstlerische Arbeit nicht immer eitel Sonnenschein, sondern mit harter Arbeit verbunden. Aber das sind viele andere Hobbies schließlich auch. Trotzdem sollte man nicht das Bild eines Musikers haben, der morgens aufwacht und in der Nacht einen neuen Song zusammengeträumt hat. Aber Kunst machen macht auch Spaß und ist ein toller Beruf, sonst würden es viele Leute ja nicht als Hobby betreiben. Es spricht auch nichts dagegen, sich eine Arbeit zu suchen, die einem Spaß macht. Letztendlich geht es für einen Konsumenten darum, ob am Ende etwas herauskommt, was ihm wertvoll erscheint.

Doch dieses Bild des angenehmen Berufs und des aufregenden Künstlerlebens steckt in den Köpfen fest. Selbst viele, die es vermeintlich wohl mit den Künstlern meinen, haben es. Exemplarisch sei hier die Argumentation genannt, dass ein Bürgergeld ja alle Probleme der Künstler lösen würde. Materiell wäre dies tatsächlich auch eine Hilfe, nur schwingt unterschwellig dabei mit, dass Kunst machen keine richtige Arbeit sei, die eben auch nicht richtig bezahlt werden muss. Auch, wenn es ein Bürgergeld gäbe, würde ich als Künstler auf dem Urheberrecht oder einem adäquaten Ersatz beharren.

Es gibt kein generelles Recht eines Künstlers von seiner Arbeit leben zu können. Wenn jedoch der Stellenwert der Kunst innerhalb der Gesellschaft so gering ist, dass einige fordern, auf Künstler zu verzichten oder ihre Werke als Allgemeingut sehen, wird es weniger Künstler und weniger Kunst geben. Meiner Meinung nach gäbe es ohne, dass jemand dafür bezahlt folgendende Dinge nicht mehr (und man kann das gerne unterschiedlich schade finden): keine Hollywood-Blockbuster, so gut wie keine Filmproduktionen, keine ernstzunehmen Nachrichtenportale, so gut wie keine Romane, kaum allgemein bekannte populäre Musik, und und und…

Fazit

Durch die hohe und einfache Verfügbarkeit künstlerischer Werke entsteht bei vielen der Eindruck, dass diese Werke wertlos oder zumindest überteuert sind. Zudem scheint Kunst ein angenehmes Geschäft, das viele freiwillig als Hobby betreiben. An Künstlern und Werken besteht daher kein Mangel und es stellt sich die Frage, ob man Künstler überhaupt entlohnen muss.

Wenn Kunst machen sich nicht mehr lohnt, dann wird es weniger Kunst geben. Meiner Meinung nach sind es jedoch die professionell gefertigten Werke, die den überwiegenden Anteil der wirklich genutzten Werke ausmacht. Das Urheberrechtsproblem stellt sich zudem nicht nur bei der Kultur im künstlerischen Sinn, sondern auch bei anderen Fragen „Geistigen Eigentums“ wie etwa dem Patentrecht.

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