Ratingagenturen abkoppeln

Aus Aerar - Politischer Programmentwurf
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1. Investoren dürfen nicht verpflichtet werden, ihre Kaufentscheidungen nach den Bewertungen von abhängigen Ratingagenturen oder anderen systemischen Marktdaten zu richten.

2. Stattdessen werden notwendige Rücklagen für bestimmte Anlageformen durch staatliche oder unabhängige Bewertungsmechanismen bestimmt.


Erklärung

zu 1.

Private Ratingagenturen arbeiten häufig beratend für Kunden, deren Finanzprodukte sie bewerten. Eine solche Abhängigkeit vom Auftraggeber erhöht die Gefahr, dass aus Gefälligkeit geschönte Gutachten erstellt werden. Diese Gefahr besteht insbesondere, wenn sich die zu bewertende Firma den für sie genehmsten Prüfer aussuchen kann und die Prüfer umgekehrt durch die Firmen finanziert werden, die sie bewerten sollen. Insbesondere in der letzten Finanzkrise hat eine falsche Risikobewertung von nun als "toxisch" bezeichneten Wertpapieren entscheidend zum Beinahe-Zusammenbruch des Finanzsystems beigetragen. Eine solche fehleranfällige und möglicherweise manipulierte Begutachtung soll keinen Investoren verpflichten, Wertpapiere kaufen oder verkaufen zu müssen beziehungsweise zu dürfen.

zu 2.

Zur Sicherung ihres Anlagevermögens und das ihrer eventuellen Kunden muss jeder institutionelle Investor, der nicht ausschließlich im eigenen Auftrag oder ausdrücklich spekulativ handelt Rücklagen in Form von gesichertem Eigenkapital bilden. Die Höhe der Rücklagen hängt dabei von der Höhe der investierten Anlage und deren Risiko ab. Zur Bewertung dieses Risikos soll stattdessen eine unabhängige Institution herangezogen werden. Dies könnte eine staatliche Bewertungsagentur oder aber ein System aus unabhängigen Ratingagenturen, die nicht direkt oder indirekt von den zu bewertenden Firmen finanziert werden. Wenn diese Firmen ohne derartige Finanzierung nicht wirtschaftlich arbeiten können, können sie stattdessen vom Staat beauftragt oder subventioniert werden.


Begründung

zu 1.

Das mechanische Ausrichten von Kaufentscheidungen anhand bestimmter Marktkennzahlen, insbesondere der Bewertungen von privaten Ratingagenturen hat sich in der Vergangenheit als fehleranfällig erwiesen. Insbesondere hat sich die durch die Bewertung erhoffte Schutzfunktion nicht eingestellt, sondern im Gegenteil falsche Sicherheit vorgetäuscht. Zudem haben derartige Mechanismen starke Auswirkungen auf den Wertpapiermarkt, wenn große institutionelle Investoren verpflichtet werden, nach bekannten Kriterien auf dem Markt zu agieren. Diese Mechanismen können von anderen Marktteilnehmern manipulativ ausgenutzt oder gar vorsätzlich provoziert werden. Weiterhin führt eine Beschränkung der Handelsfreiheit üblicherweise auch zu einer Beschränkung der Effektivität der Händler solcher institutionellen Investoren.

zu 2.

Die Idee einer Handelseinschränkung durch eine Absicherung von riskanten Anlagen hat das Ziel, sichere Anlagen zu erzwingen. Dieses Ziel konnte bei der letzten Wirtschaftskrise durch Koppelung von Kaufentscheidungen an die Bewertung durch abhängige Ratingagenturen nicht erreicht werden. Zur Ermittlung des Risikos von Anlagen, die bei der Bestimmung der notwendigen Absicherung eine entscheidende Rolle spielen, muss darum auf unabhängige Institute zurückgegriffen werden, die ihre Entscheidungen transparent und nach rein wirtschaftswissenschaftlichen Kriterien treffen.


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