Fragen zum Plagiats-Vorwurf gegen zu Guttenberg

Die Plagiatsvorwürfe gegen Karl-Theodor zu Guttenberg sind keineswegs abgeschlossen. Dies gilt weder in der Sache selbst noch in den Nebenfragen, die sie aufwerfen. Immerhin gibt es aber neben zahlreichen Fragen auch einige interessante Ergebnisse.

Was sind Tatsachen

Zunächst geht es um Tatsachen und nicht um Spekulationen. Klar und zugegeben ist, dass die fragliche Arbeit, den nötigen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügt. Der damit verbundene Doktortitel ist bereits entzogen. Ebenso klar und zugegeben ist, dass zu Guttenberg selbstverschuldet unsauber gearbeitet hat. Naheliegend doch letztlich unbewiesen ist, dass zu Guttenberg diese wissenschaftlichen Vergehen vorsätzlich begangen hat (möglicherweise gar hat begehen lassen), um so ungerechtfertigt einen Doktortitel zu erschummeln.

Was sind Indizien

Es gibt allerdings viele Indizien, die ein bewusstes Handeln des Ministers nahelegen. Ein Indiz ist bereits der Umfang der (nicht korrekt) zitierten Textstellen und die Tatsache der Wichtigkeit einer solchen Arbeit. Wer jemals selber eine so wichtige Arbeit wie seine Doktorarbeit eingereicht hat, dem wird eine derartige Schludrigkeit eher unglaubwürdig vorkommen.

Auch die engen Beziehungen, die zu Guttenberg anscheinend zur Universität Bayreuth unterhielt werfen kein allzu gutes Licht auf die redliche Absicht des Ministers auf eine unbevorteilte Bewertung und Durchführung seiner Arbeit. Und bereits die Zulassung zur Promotion kann den Beigeschmack einer unüblichen Vorteilsgewährung aufwerfen.

Nicht zuletzt stellt sich die Frage, wie Guttenberg glaubte, in der Lage zu sein neben seinen politischen Pflichten, eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen, die einen Doktortitel verdiente.

Muss Guttenberg zurücktreten?

Sobald man Karl Theodor zu Guttenberg nachgewiesen hat, dass er bei seiner Doktorarbeit betrogen hat, muss er selbstverständlich zurücktreten, denn dann ist er ein Lügner und ein Betrüger. Dazu kann es im Zweifelsfall durchaus auch ausreichend, dass die belastenden Indizien einen anderen Schluß nicht zulassen. Für mich, der ich persönlich vermute, dass zu Guttenberg betrogen hat, bleibt jedoch immer noch zuviel Ungewissheit in den Indizien, als dass ich daher seinen Rücktritt zwingend fordern würde. Es gibt immer noch eine erhebliche Restchance, dass Karl Theodor zu Guttenberg zwar ungeschickt, aber eben nicht in betrügerischer Absicht gehandelt hat. Insofern ersetzt das Glauben keine Gewissheit und die Unschuldsvermutung gilt auch für Herrn zu Guttenberg. Im Gegenteil wäre es ein schreckliches Erlebnis, zu Guttenberg zu verurteilen, wenn dann am Ende seine Unschuld zweifelsfrei nachgewiesen werden könnte. Aus meiner sehr beschränkten Einsicht in die Dinge würde ich sagen: er sollte zurücktreten aber er muss es (noch) nicht.

Allerdings gibt es auch beim Zurücktreten indizienartige Gründe, die einen Rücktritt nahelegen könnten. Dies ist in erster Linie das bei vielen zerrüttete Vertrauensverhältnis und die Tatsache, dass ihm viele ein solches Vergehen zutrauen würden. Es ist die Frage, warum der Minister anscheind viele Beziehungen für seine Arbeit genutzt hat, nicht zuletzt und anscheinend Quellen im wissenschaftlichen Dienst des Bundestages. Zumal in der Folge weitere mögliche Beziehungen deutlich werden, etwa in der Frage nach der herausragend guten Benotung der Arbeit.

Zuletzt stellen sich Fragen nach der geistigen Leistungsfähigkeit des Ministers. Ich bin nicht der Meinung, nach dem Geisteszustand, aber er selbst musste im Bundestag zugeben, bei der Anfertigung der Arbeit in Teilen offensichtlich überfordert gewesen zu sein. Wann ist Herr zu Guttenberg aber noch überfordert? Was sagt es über seinen Charakter, wenn er sich mit geistigen Federn schmücken will, deren würdig zu erweisen er nicht in der Lage war.

Auf der anderen Seite stehen jedoch auch seine Dienste und seine Beliebtheit. Auch wenn man diese für sich selber bewerten und hinterfragen muss, gibt es anscheinend viele Menschen, die mit Guttenberg als Mensch und als Minister weiterhin überaus zufrieden sind. Solange er selbst der Meinung ist, im Wesentlichen vielleicht fehlerhaft, aber korrekt gehandelt zu haben, wäre ein Rücktritt zwar seinen Kritikern willkommen, jedoch zugleich ein „Betrug“ an seinen Anhängern, die auf ihn bauen und vertrauen. Auch diese Menschen haben berechtigte Interessen, die Herr zu Guttenberg vertreten muss, auch wenn man sie individuell möglicherweise nicht nachvollziehen kann.

Der Wissenschaftsbetrieb

Der eigentliche Verlierer der Affäre ist der Wissenschaftsbetrieb. Das beginnt mit der profanen Frage nach dem Sinn einer Titelhörigkeit, der einem bloßen Doktortitel Reputation und auch Karrierechancen beimisst beinahe mehr noch als der tatsächlichen Qualifikation des Inhabers.

Dieses Bewertungssystem ist zudem höchst fragwürdig, denn nach meinem persönlichen Einblick als Fachfremder scheint mir die Arbeit per se schon inhaltlich nicht so besonders zu sein, dass sie ein „summa cum laude“ verdiente. Die fehlende Prüfung auf mögliche Plagiate stellt den Wert eines solchen Titels aber generell in Frage. Nicht zuletzt deshalb wurde nun die Überprüfung der Doktorarbeiten auch anderer Bundestagsmitglieder ohne konkreten Anfangsverdacht in Gang gesetzt.

Die Nähe der prüfenden Universität zu ihrem Prüfling ist da dann fast nur noch eine Randerscheinung.

Netzwelt gegen Realwelt

Der Fall Guttenberg hat auf imposante Weise gezeigt, wie sehr die Netzwelt in einigen Fragen die öffentliche Meinung beeinflussen kann. Hauptsächlich mitgewirkt daran hat das sogenannte Guttenplag Wiki, das innerhalb kürzester Zeit fragliche Textpassagen in der Guttenberg-Arbeit sammeln und darstellen konnte. Eine Arbeit, die die klassischen Medien in dieser Zeit nicht geleistet haben und möglicherweise gar nicht leisten konnten.

Außerdem, und das lasse ich als unbelegten Denkanstoß, hatte ich den Eindruck, dass sich die Meinung über das mögliche Vergehen des Verteidigungsministers im Netz deutlich negativer für Guttenberg darstellte als in der Offlinewelt.

Umfragen und andere Manipulationen

Bereits in einem vorigen Artikel habe ich darauf hingewiesen, dass sich in den verschiedenen Umfragen teilweise ein sehr unterschiedliches Bild über die Bewertung des Falles ergab. Ganz offensichtlich scheinen  Umfragen sowohl in der Offlinewelt als auch in der Onlinewelt falsch durchgeführt und/oder manipuliert worden zu sein. Dies ist natürlich kein neuer Effekt, allerdings haben die Umfragen in nicht vielen Argumentationen einen Anteil. Dabei sollte jeder wissen, wie unzuverlässig sie sind.

Auch die Medien, insbesondere die Bildzeitung, stehen in der Kritik der Meinungsmache. Es ist viel zu lange verfehlt worden, von den Medien eine politisch korrekte Darstellung einzufordern. Hierbei geht es nicht um politische Tendenzen, sondern um Medienbetrug durch bewußte Überhöhung oder Unterdrückung von Tatsachen.

Sind die Menschen gleich

Wenn man sieht, welche Möglichkeiten Herrn zu Guttenberg anscheinend durch seine finanziellen Möglichkeiten und durch seine Ämter und Beziehungen zur Verfügung standen und stehen, fällt es schwer von einer Chancengleichheit im Vergleich zu „normalen Menschen“ zu sprechen. Im Gegenteil zeigt Herr zu Guttenberg Anzeichen einer Abgehobenheit und Maßstäbe an sich selbst, der er anderen (und sei es nur auf der Gorch Fock) nicht zubilligt. Herr zu Guttenberg ist allerdings nicht Herr, sondern Diener. Zumindest solange er Minister bleibt.

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