Politikprofis
Die CDU hat die Sache nun in die Hand genommen, um zu retten, was noch zu retten ist. Sie will zeigen, dass sie noch handlungsfähig ist und einen allgemein akzeptierten Bundespräsidenten finden und zur Wahl stellen. Es könnte auch eine Bundespräsidentin werden, denn als heiße Kandidatin wird Ursula von der Leyen gehandelt und diese hat auf einer Pressekonferenz gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd, als man sie darum ansprach. Allerdings muss man darauf nicht allzuviel geben, denn dieses honigsüße Lächeln gehört auch so zu ihrem Handwerkszeug.
Auf jeden Fall sucht die CDU nun einen Politikprofi und auf keinen Fall mehr einen Seiteneinsteiger, der dem harten politischen Tagesgeschäft vermutlich nicht gewachsen ist. Und das ist schlecht, denn einmal mehr wird die Politik von reinen Profipolitikern gemacht, die innerhalb einer eigenen Kaste über den Alltag aller Bürger entscheiden. Und deren Kernkompetenz das Fach Politik ist, während andere menschliche und fachliche Qualifikationen zweitrangig sind.
Das führt dazu, dass solche Profis wie Franz Josef Jung erst als Verteidigungsminister und dann als Arbeitsminister versagen dürfen, obwohl sie von beiden Fachgebieten keinerlei besondere Ahnung haben. Fähige Seiteneinsteiger werden es nach dem Abgang Köhlers noch schwerer haben, in dem parteipolitischen Postengeschacher Einfluss zu nehmen. Hier wird Politik zuerst für Parteien gemacht, was die Aufgabe der Politiker als Volksvertreter unterminiert.
Der Bürger hat indes längst aufgegeben, sofern sie überhaupt für mündig genug gehalten werden, die Belange des Regierens zu verstehen. Die Medien haben zwar mitbekommen, dass anders als innerhalb der Politik, durchaus verbreitet Verständnis für den Abgang Köhlers besteht, sind aber zuversichtlich, dieses Bild durch die Berichterstattung der nächsten Wochen wieder gerade rücken zu können. Dass die Politik sich in ihrem Kommunikationsstil und ihren Handlungen immer weiter vom Bürger entfernt hat, wird dabei durchaus nicht übersehen. Allerdings wird es als eine Ausprägung von Professionalität gewertet.
Im Kampf zwischen den Parteigrenzen, die auch innerhalb der Koalitionen verlaufen, wird rhetorisch scharf geschossen. Dabei geht es nicht darum, Ergebnisse oder wenigstens Kompromisse zu erzielen, sondern darum, gut auszusehen und die eigene Parteiagenda durchzudrücken. Ein „Professor aus Heidelberg“ wird dann vom SPD-Bundeskanzler Schröder abgekanzelt und dabei ohne Zögern in Kauf genommen, die Steuerpolitik und den Haushalt des Staates zu ruinieren.