Planen nach Zahlen

In der Wirtschaft geht es immer um Zahlen. Zahlen nach denen sich Erfolge und Misserfolge bemessen. Zahlen, die als Indikatoren Alarm geben. Immer wieder stellt sich die Frage, ob jedoch diese zumeist willkürlich festgelegten Zahlen tatsächlich in Stein gemeißelt sind oder ob wir zahlengläubig auf Grenzwerte vertrauen, die in der Praxis völlig untauglich sind.

Das Festsetzen dieser Zahlen ist ein individueller Prozeß, der in jeweils unterschiedlichem Maß auf Erfahrungen, Theorien, Statistiken und Berchnungsmethoden beruht. Am Ende kommen mehr oder weniger sinnvolle Grenzwerte heraus und diese sind zudem ebenfalls subjektiv und von persönlichen Interessen geprägt. So ist bereits die Frage, ob ein Kneipenpils für drei Euro zu teuer oder zu billig ist, willkürlich und nicht eindeutig zu beantworten. Wie viel schwerer ist es da, Hartz IV-Regelsätze oder Defizitgrenzen festzulegen. Wichtig ist daher immer, diese Zahlen zu hinterfragen und gegebenfalls an die Rahmenbedingungen anzupassen und zu wissen, dass egal wie man sich bemüht, diese Zahlen keine Naturgesetze sind.

Wichtig ist jedoch auch, die Zahlen, die einmal gesetzt worden sind, einzuhalten. Denn zum Einen sind diese Zahlen Kompromisse und Abmachungen, die verbindlich sein sollten. Und zum Anderen sind sie die Leitwerte, an denen man bewertet und sich orientieren kann. Ein Inflationsgrenzwert von 2% mag zwar willkürlich sein und vielleicht wäre volkswirtschaftlich ein höherer oder ein niedrigerer Wert sinnvoll, doch diese 2% sind es, an denen sich die Masse orientiert. Diskussionen darüber, diesen Wert anzuheben, führen darum direkt und wie zur Zeit zu beobachten in eine Inflationsangst mit einer Flucht in inflationssichere Sachwerte.

Denn Zahlen, sind nicht allein Zahlen, sondern Paradigmen. Handlungsleitlinien, die man sich selbst auferlegt hat, um bestimmte Ziele zu erreichen. Diese Zahlen sind nicht sakrosankt, doch man sollte tunlichst vermeiden, sie ohne Not aufzuweichen oder gar ganz über Bord zu werfen. So mag das Übertreten der Maastricht-Grenzen, die die Neuverschuldung von Staaten regelt, durch Deutschland volkswirtschaftlich vertretbar gewesen sein; das damit verbundene Signal war jedoch fatal: nun musste sich niemand mehr an die Verpflichtung, seine Schulden zu begrenzen, gebunden fühlen.

Das gleiche gilt übrigens nicht nur für Zahlen, sondern ebenso für andere Abmachungen, die naturgemäß ebenso willkürlich sind. Die Aussage etwa, keine gemeinsame Schuldenhaftung der Staaten in Europa zu haben, war eine solche Abmachung. Wird sie aufgeweicht, schwindet Vertrauen und Glaubwürdigkeit und die ursprüngliche Idee erleidet unter Umständen aus Bequemlichkeit einen Schaden, der sich nicht wieder gut machen lässt.

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