Schlaf weiter, hier gibt’s nichts zu sehen

Nicht so ganz ausgereift wirkt für mich die Kritik Jakob Augsteins in seiner SpOn-Kolumne „Dr. Merkels Schlaflabor“. Zumindest erscheinen mir die Aussagen, Angela Merkel klammere sich an die Macht und habe jede Bodenhaftung verloren doch einigermaßen zusammenhangslos und deplatziert.

Sicherlich kann man im Sinne einer lebendigen Demokratie bedauern, dass sich die Unionsparteien und Angela Merkel dem Wahlkampf nicht ohne einigen Mutwillen zu entziehen scheinen. Doch warum sollen sie ohne Not einen Wahlkampf ins Leben rufen, den sie nach aller Vorraussicht bereits jetzt kampflos gewonnen haben. Dies ist die Aufgabe der Opposition, dies ist vielleicht auch die Aufgabe der Medien und dies ist die erst recht auch die Aufgabe des Volks. Diese sollten darum im Zentrum der Kritik Augsteins stehen und nicht die aktuelle Kanzlerin.

Die Opposition schafft es jedoch nicht, ein Thema zu finden, mit dem sie der aktuellen Politik Merkels etwas entgegensetzen kann, dabei gäbe es deren reichlich, von der Sozialpolitik, der Flüchtlichtpolitik bis hin zur Umwelt- und Verkehrspolitik, um nur einige zu benennen. Weil jedoch keine der angetesteten Wahlkampfstrategien nachhaltig beim Wähler zu verfangen zu scheinen, irrlichtert die Opposition durch alle politischen Bereiche und treibt regelmäßig ein neues Wahlkampfthema durchs politische Dorf. In dem einzigen Thema, das zumindest ansatzweise ein Zucken beim Wahlbürger auslöst, überbieten sich die Oppositionsparteien mit opportunistischen Steuererleichterungsplänen, die man durchaus zu Recht als eine Art vorgreifenden Machtmissbrauch zum Machterhalt bezeichnen könnte.

Man könnte diese Unfähigkeit den Parteien jedoch viel besser vorwerfen, würden sie es nicht mit einem Wahlvolk zu tun haben, das tatsächlich eingeschlafen und abgestumpft zu sein scheint. Kein politisches Thema in den letzten Jahren hat es geschafft, eine wirkliche und nachhaltige Zustimmung oder Ablehnung hervorzurufen. Sicher, das Kindergeld könnte höher sein. Ärgerlich auch, dass mutmaßlich tausende Menschen aufgrund überhöhter Abgaswerte vorzeitig ins Gras beissen mussten. Die Mieten sind immer schwerer bezahlbar, aber geht noch. Die Rentenvorsorge ist dagegen inzwischen echt schwer machbar, aber noch lange hin. Es gibt kein Problem, von der Flüchtlingsproblematik vielleicht abgesehen, welches die Bürger eint und das die Opposition heilen kann. Und erst recht gibt es keine Vision für die Zukunft, wie man es besser machen könnte.

Die Medien dagegen verwalten diesen Zustand weitgehend nur. Berichten ja, gerne auch mal kritisch, aber in der mordernen Multimediawelt fliegen solche Fetzen vorbei und verfangen schwer. Aber letztlich ist das für mich auch ihre Aufgabe. Und allzu politische, oder zumindest allzu parteiische Medien, können auch leicht zu Spaltung und Filterblasen führen. Vielleicht hätten ARD und ZDF auf einem „härteren“ TV-Duell bestehen können. Wahrscheinlich hätte Angela Merkel dieses auch annehmen müssen, denn eine allzu ostentative Totalverweigerung des vermeintlich sicheren Spitzenkandidaten ist nicht zuletzt bei den letzten Landtagswahlen den Regierenden auf die Füsse gefallen. Und vielleicht macht es Augstein ja auch prinzipiell richtig, an diesen Zuständen etwas ändern zu wollen. Aber richtig treffend und nachhaltig wirkt es am Ende dann leider auch nicht für mich.

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