Politikverdrossenheit parlamentarisch

Gerade ist Christine Lieberknecht (CDU) erst im dritten Wahlgang zu Ministerpräsidentin von Thürigen gewählt worden. Klar, dass dies an das Wahldebakel von Heide Simonis in Schleswig-Holstein erinnert. Dass es in beiden Fällen Frauen getroffen hat, ist sicherlich insofern Zufall als in beiden Fällen die politische Lage angespannt und die Mehrheiten knapp waren. Jedoch ist vielleicht ja trotzdem auch ein Grund, dass die Hemmschwelle niedriger sein könnte, als gegenüber Männern?

Nun hat Frau Lieberknecht in den ersten beiden Wahlgängen nur jeweils 44 von insgesamt 88 Stimmen erhalten, eine zuwenig für die dort geforderte absolute Mehrheit. Erst im dritten Wahlgang, in dem eine einfache Mehrheit genügt hätte, erhielt sie 55 Stimmen. Die 48 anwesenden Mitglieder der geplanten CDU/SPD-Koalition hätten die Kandidatin bereits in den vorgehenden Wahlgängen wählen können, taten es aber nicht. Auch die Anhänger der Opposition hatten keinen Anlaß gesehen, Frau Lieberknecht, die ohne Gegenkandidatin angetreten war, zum frühen Wahlerfolg zu verhelfen.

Erst im dritten Wahlgang gab es mit dem Linken Bodo Ramelow einen Gegenkandidaten. Die Wahl der Abgeordneten bestand nun zwischen dem Linken, der CDU-Politikerin oder einer Enthaltung, wobei sich nun die absolute Mehrheit für die CDU-Politikerin entschied.

Handelt es sich bei den ersten beiden Wahlgängen „lediglich“ um eine Abstrafung oder hätten die Parlamentarier die Kandidatin auch im dritten Wahlgang durchfallen lassen?

Wenn das erste der Fall sein sollte, empfinde ich das als erbärmliches Halbstarkentum, das auf dem Rücken des Landes und der Politik ausgetragen wird. Prinzipiell finde ich es zwar gut, wenn die Parlamentarier mehr auf ihre Meinung denn auf den Fraktionszwang setzen. Aber dann bitte konsequent und nicht als destruktive Drohgebärde.

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Eine Antwort

  1. Aerar sagt:

    Frau Simonis denkt anscheinend auch, das Frauen bei derartigen Wahlen als das leichtere/bessere Opfer gesehen werden: http://www.focus.de/politik/zitate/heide-simonis-maennlicher-hass_aid_449708.html

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