Urheberrecht: Verwertungsrechte

Einleitung

Dieser Artikel beinhaltet den Kern der Urheberrechtsdebatte, nämlich die Frage nach den Verwertungsrechten an einem Werk. Also die Frage danach, ob und zu welchen Bedingungen ein Werk veröffentlicht werden darf. Diese Rechte liegen derzeit, mit Einschränkungen etwa durch das Zitatrecht, beim Urheber. Im Artikel über Autorenrechte habe ich geschrieben, weshalb dies aus Gründen des künstlerischen Selbstverständnisses für den Autor wichtig ist. In diesem Artikel soll der Fokus jedoch auf der (finanziellen) Verwertung eines Werkes liegen. Es geht im Wesentlichen darum, ob ein Autor mit seinem Schaffen Geld verdienen kann.

Die Leistung des Urhebers

Wenn jemand mit etwas Geld verdienen will, muss er nach allgemeinem Verständnis dafür eine Gegenleistung erbringen. Die Leistung eines Urhebers ist ein überlicherweise ein Text, ein Musikstück oder irgendein sonstiges künstlerisches Werk, das in der heutigen Zeit meist auch auf verschiedene Art in digitaler Form vorliegt und beinahe ohne Kosten beliebig kopiert werden kann. Eine solche Kopie ist nicht nur problemlos anzufertigen, sondern scheint auf den ersten Blick auch dem Urheber nichts wegzunehmen, denn schließlich hat er sein Werk hinterher ja immer noch.

Doch die Leistung eines Urhebers liegt in der Zeit und in der Kunstfertigkeit, die er aufgewendet hat, um dieses Werk zu erstellen. Das Schreiben eines guten Kurztextes von fünf Minuten Länge kostet nicht selten 50 Stunden intensiver Arbeit, ein Musikstück von fünf Minuten hunderte von Stunden. Zeit, in der ein Urheber kein Geld anderswo verdienen kann. Dazu kommt die Arbeitszeit an all den anderen Werken, die ihm weniger gut gelingen und die darum vielleicht niemals veröffentlicht werden. Diese Zeit kostet es, ein Werk zu erstellen und diese Zeit muss bezahlt werden, wenn ein Künstler sich weiterhin auf sein Schaffen konzentrieren soll.

Und die Leistung eines Künstlers ist die Erschaffung eines Werks. Eines Werkes, das offensichtlich gut und begehrenswert erscheint, denn ansonsten bestünde ja kein Anlaß, dieses Werk kopieren zu wollen.

Jeder ist ein Künstler

Eine andere Frage ist, ob man überhaupt „professionelle Künstler“ braucht, denn schließlich gibt es genügend Menschen, die ihre Werke allein aus Altruismus oder Geltungsdrang kostenlos zur Verfügung stellen und die Millionen von Werken geschaffen haben, die frei verfügbar sind. Nicht zuletzt die „Wikipedia“ hat gezeigt, dass die Masse durchaus in der Lage ist, herausragende Inhalte zu erstellen.

Das ist korrekt und es gibt neben der Wikipedia viele weitere Beispiele, in denen die Werke einzelner freier Autoren oder einer Community hervorragende Ergebnisse hervorgebracht haben. Doch im Vergleich mit den Umfang der verfügbaren Werke, sind solche Inhalte die Ausnahme. Die meisten guten und begehrenswerten Inhalte werden professionell erstellt. Das liegt in vielen Bereichen schon allein an den verfügbaren Möglichkeiten und den hohen Investitionskosten. Ein eigenständiges tagesaktuelles Medienportal oder ein actionreicher Blockbuster erfordern einen Aufwand, den die Community (derzeit) nicht in vergleichbarer Weise leisten kann. Und die Community kann naturgemäß nur schwerlich gemeinsam an Einzelwerken arbeiten. Das Schreiben eines Romans ist üblicherweise die Arbeit eines einzelnen, wenn die Handlung und der Stil konsistent bleiben sollen.

Gute Werke kosten meist einen hohen Zeitaufwand, eventuell hohe Investitionskosten und eben auch gute und talentierte Urheber. Dabei geht es nicht mehr um eine Nebentätigkeit in der Freizeit, sondern um harte, langwierige Arbeit. Wenn diese Arbeit nicht entlohnt wird, werden die meisten der „professionellen Künstler“ diese Arbeit auch nicht mehr durchführen. Schon allein deshalb, weil sie dann „richtig arbeiten“ gehen müssen und nicht mehr täglich zehn Stunden am Schreibtisch oder im Studio arbeiten können. Es ist nicht zwingend notwendig, dass man Inhalte bezahlen muss. Aber dann muss man damit leben, dass der Hauptteil der Werke, die man tatsächlich benutzt, in Zukunft nicht mehr hergestellt wird.

Urheber sind Schmarotzer vom Wissen anderer

Urheber nutzen letztlich auch nur das Wissen, das andere vor ihnen geschaffen haben. Jeder Musiker hat irgendwann „Die Beatles“ gehört und kein Fantasy-Autor soll behaupten, dass er nicht „J.R.R. Tolkien“ gelesen hat und garantiert hat jeder Urheber einzelne Fakten in der Wikipedia nachgeschlagen. Und aus diesem Sammelsurium wollen sie nun Kapital schlagen und behaupten, etwas „Neues“ geschaffen zu haben?

Die Kurzantwort hierauf ist: Ja. Was immer die Urheber an Quellen verwendet haben, sie haben daraus etwas Neues geschaffen. Ein Künstler will letztlich für seine Arbeit bezahlt werden, wie ein Handwerker, ein Lehrer oder ein Konzertpianist, deren Arbeit ebenso auf dem Wissen anderer basiert.

Die Freiheit des Wissens ist in Gefahr

Das Urheberrecht macht den Umgang mit Inhalten schwieriger, weil man dabei auf die Rechte anderer eingehen muss. Und dies ist in der Tat ein gewichtiges Problem, da es zahlreiche Fallkonstellationen gibt, in denen man unbedarft das Urheberrecht verletzt. Sei es, dass Youtube-Videos gesperrt werden, weil darin geschützte Musik vorkommt oder dass man auf seiner Webseite ein Foto oder einen Kartenausschnitt verwendet, die ein anderer erstellt hat. Letztlich kann man nicht alles Wissen benutzen, dass einem zur Verfügung steht und lässt unter Umständen sogar in vorauseilendem Gehorsam Informationen weg, die man eigentlich hätte verwenden dürfen.

Ein Großteil dieses Problems liegt dabei in den Mechanismen, mit denen die Einhaltung des Urheberrechts derzeit kontrolliert und durchgesetzt wird. Dieses wirkt in einer großen Zahl von Einzelfällen überzogen und damit wissens- und meinungsfeindlich. Hier muss sich in meinen Augen einiges ändern, was ich in einem anderen Artikel schreiben will. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass es viele der Inhalte, die besonders geschützt sind, auch gar nicht geben würde ohne ein Urheberrecht. Durch eine Abschaffung des Urheberrechts hätte man zwar keine rechtlichen Probleme, aber in vielen Fällen auch gar kein Werk, das man kopieren könnte.

Eine andere große Gefahr liegt jedoch dann vor, wenn das Urheberrecht dazu missbraucht wird, um den Zugang zu tatsächlichem oder zumindest gefühltem freiem Wissen gezielt und massiv einzuschränken. Dies scheint insbesondere dann der Fall, wenn öffentlich erstellte Informationen nicht frei verfügbar sind. Dies betrifft zum Beispiel die Wissenschaft, wenn mit öffentlichen Geldern (mit-)erstellte Forschungsergebnisse nur in bestimmten Fachjournalen erscheinen dürfen oder wenn Lehrpläne von Schulen, von Behörden erstelltes Kartenmaterial oder von öffentlichen Geldern finanzierte Studien nicht frei verfügbar gemacht werden und die Nutzer der Daten letztlich doppelt dafür bezahlen müssen.

Dieses Problem ist jedoch eigentlich ein Problem der Urheber und nicht des Verwertungsrechts an sich. Denn ein Verwertungsrecht schließt freies Wissen nicht aus. Im Gegenteil, denn jeder Urheber darf sein Verwertungsrecht dazu nutzen, sein Werk jedem Nutzer kostenlos und zur beliebigen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Dieses Recht manifestiert sich nicht zuletzt in den Copyleft und CC Lizenzen. Die Forderung geht daher an die öffentlichen Institutionen: Öffentliche Inhalte sollen auch öffentlich verfügbar sein.

Alternative Modelle

Ein Großteil von Nutzern, die das Urheberrecht wegen seiner Einschränkungen ablehnen, sehen dennoch eine Notwendigkeit, die Arbeit von Künstlern zu entlohnen. Hier gibt es einige Vorschläge, die mir mehr oder weniger brauchbar erscheinen. Auf jeden Fall wird jeder Vorschlag, einen Einfluss auf die Verdienstmöglichkeiten und die Zusammensetzung der Urheber haben. Ich persönlich halte die meisten Modelle für schlechter als das jetzige. Allerdings muss man allen Modellen, die eine Abschaffung des Urheberrechts beeinhalten, zugute halten, dass sie einen großen rechtlichen Moloch beseitigen. Leider sind die meisten Modelle jedoch nicht in der Lage, eine professionelle Kunst zu erhalten und werden daher meiner Meinung nach zu einem dramatischen Rückgang im kulturellen Bereich führen.

  • Ersatzlose Streichung des Urheberrechts:

Keine Rechtlichen Probleme aber dramatischer kultereller Verfall

  • Entschärfung des Urheberrechts:

im Prinzip Beibehaltung der jetzigen Lage. Je nach Art der Änderung eine Verbesserung oder Verschlechterung. Insbesondere bei der Kontrolle und Verfolgung von Rechtsverletzungen aber auch bei den Laufzeiten gibt es meiner Meinung erhebliches Verbesserungspotential

  • Konzerte statt Urheberrecht:

Künstler werden durch die kostenlose Verbreitung ihrer Inhalte bekannt und können den Ruhm nutzen um mit Vorträgen Geld zu verdienen. Das ist Unsinn, denn nicht jede Kunst eignet sich zum Livevortrag und durch die Kosten und den nochmaligen Zeitaufwand ist eine Livetour für die meisten kleineren Künstler ein Minusgeschäft.

  • Spenden statt Urheberrecht:

Ein Modell das prinzipiell in Einzelfällen funktioniert hat. Allerdings ist mehr als fraglich, ob es massentauglich ist.

  • Kulturflatrate

Ob eine Kulturflatrate funktioniert hängt im Wesentlichen davon ab, wie sie ausgestaltet ist. Auf jeden Fall würde sie vermutlich ein rechtliches Monster durch ein bürokratisches ersetzen. Zudem wirft die Kritik an den bisher vorhandenen Verwertungsgesellschaften und Gebührenzentralen die Frage auf, ob so eine Flatrate in der breiten Öffentlichkeit gewollt ist. Dennoch halte ich diesen Weg neben einer Entschärfung des Urheberrechts für den viel versprechendsten Weg.

Fazit

Das Überheberrecht erschwert den Umgang mit Werken und behindert dadurch die freie Verbreitung von verfügbaren Werken. Dies gilt analog im technisch-industriellen Bereich in der Form von Patenten. Diese Tatsache ist ein gewichtiger Hemmschuh und es sollte dringend darüber nachgedacht werden, den Umgang mit Urheberrechtsverletzungen zu überdenken.

Auch, wenn es große Mengen kostenloser und frei verfügbarer Werke gibt, werden die meisten begehrenswerten Werke mit hohem Aufwand von professionellen Urhebern erstellt. Ohne die Möglichkeit, ihre Werke zu schützen und finanziell zu verwerten, würden die meisten dieser Werke nicht mehr erstellt würden. Man hätte dann ein freies, aber eben auch ein geringeres Wissen.

Von den eventuellen Alternativen scheint mir die Entschärfung des jetzigen Urheberrechts in Umfang und insbesondere in der Verfolgung der gangbarste Weg und auch am wahrscheinlichsten. Eine Kulturflatrate wäre eventuell ein interessanter Ansatz, wird es aber wegen der gewaltigen Umverteilung und weges des Aufwands in Deutschland nicht geben.

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