Merkel-Gabriel 1:0 n.V.
Nagut, meinen eigentlichen Titel „Die Bundespräsidentenfarce (Link nicht mehr gefunden)“ hat schon jemand anderes verwendet, aber irgendwo lag der ja auch nahe. Mein neuer Titel ist noch weniger originell und ihn gibt es so ähnlich auch anderswo, ist ja auch Fussball-WM gerade, wo Public Viewing aber besser funktioniert. Es wird ja nun so viel geschrieben über die Bundespräsidentenwahl, dass es mehr als genug Titel gibt, vermutlich sogar mehr als interessierte Leser. Andere haben trotzdem viel darüber geschrieben und wie ich dem überfliegen entnehme viel kompetenter und hintergründiger als ich hier und vor allem haben die viel tollere Titel: „Die Bundespräsidentenwahl – ein Lehrstück„, „Oder so“, oder anders….
Das Ereignis war ja auch nicht wirklich spannend. Angela Merkel und ihr innerer Zirkel stellen Christian Wulff auf, weil, ja warum eigentlich? Egal, auf jeden Fall einer von uns haben die sich gedacht. Für Außenstehende schön zumindest der Seitenhieb gegen von der Leyen, die zwei Tage vergeblich hoffen durfte, Bundesmutti zu werden. Aber du sollst nicht haben eine andere Mutti außer Mutti. Achja FDP und CSU waren auch etwas beleidigt, weil sie nicht mitbestimmen durften. Aber so ist das nunmal in der Demokratie, wenn ein designierter Volksvertreter gewählt wird, da kann ja nicht jeder mitreden. Wo kämen wir denn da hin?
Am besten sollte man das den Stefan Raab mal machen lassen, denn der kann Leute motivieren und vor den Bildschirm bringen, wesentlich demokratischer wäre die Wahl dann allerdings vermutlich auch nicht.
Die SPD hingegen konnte das natürlich so nicht hinnehmen, schließlich ist sie ja gerade im Aufwind. Also dachte sich Sigmar Gabriel, dass er wohl auch einen Kandidaten aufstellen muss. Links vorbei mit den Linken ging nicht, sonst endet man am Ende mit einem deplaziert wirkenden Tatort-Kommissar als Kandidaten. Also Blinker rechts, kurz in der Klamottenkiste gewühlt, Gauck solls sein. Der war ja schon mal auf der Liste der CDU, war gegen Stasi und für Freiheit, also konnte keiner von den anderen auf ihn schimpfen. Wobei viele von ihnen erst mal bei Wikipedia gucken mussten, wer dieser Gauck eigentlich ist. Von den Bürgern ganz zu schweigen, aber die dürfen ja auch nicht mitwählen, müssen das darum nicht wissen.
Die ganze Wahl wäre natürlich langweilig, wenn nicht die Medien mitspielen, die versuchten Gauck als aussichtsreichen Kandidaten gegen die nominelle schwarz-gelbe Mehrheit aufzubauen als wären sie Boxpromoter. Doch die Linke ließ sich nicht lumpen und stellte selber eine Kandidatin auf, für die sie vermutlich noch viel tiefer in die Klamottenkiste gestiegen ist als die SPD. Und über was unterhält man sich als Presse mit einer Tante von den Linken? Richtig über den Unrechtsstaat DDR, der ja im Wortsinn keiner war aber trotzdem ungerecht und unentschuldbar. Also in der Sache einig aber die Wortwahl bringt noch ein paar Wochen Titel. Zum Glück ist Fussball-WM, so kann man die Zeit zur Wahl mit interessanten Themen überbrücken.
Die Anreise ins Stadion kann beginnen. Die Lager von Wulff und Gauck dürfen noch mal gegenseitig ihre Wertschätzung für beide Kandidaten ausdrücken. Bei einigen schwarzgelben Anhängern geht die Pflichtschuldigkeit mitunter soweit, dass man befürchten muss, dass sie eigentlich doch lieber den Gauck wählen will. Und das machen dann auch einige. Im ersten Wahlgang eine Klatsche in den Kasten von Wulff. Zählt aber nicht, weil die Linke im Abseits stand. Aber schön, das jeder noch mal sein Ding machen darf. Eine Bundespräsidentenwahl ist genau der richtige Ort für parteitaktische Spielchen und interne Abrechnungen. In der zweiten Halbzeit taucht Gauck nochmal gefährlich vor dem Tor der besser organisierten Schwarzgelben auf. Aber dann hat er sein Pulver verschossen. Die Schwarzgelbe Mannschaft hat sich sortiert und macht das Ding (also den Wulff im übertragenen Sinn) einfach so rein.
Am Ende dürfen die Medien noch einmal ihre Medienkompetenz unter Beweis stellen („Falsche Martina Gedeck narrt Medien mit Twitterei„) und durch investigativen Journalismus ein spektakuläres Novum in der deutschen Politikgeschichte („Die Flammen der Frau Wulff„) aufdecken. Das war’s. Wir sind Bundespräsident. Und das wiederum wäre mal ein echt toller Titel für diesen Artikel gewesen.